Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler der Mit­tel­stufe haben des Öfte­ren den Wunsch geäu­ßert, klas­sen- und jahr­gangs­über­grei­fend das Thema Nah­ost­kon­flikt auf­zu­grei­fen. Frau Schreib­weis, als Ansprech­part­ne­rin für “Schule ohne Ras­sis­mus — Schule mit Cou­rage”,  hat dies in die Hand genom­men und zwei Ver­an­stal­tun­gen organisiert. 

Da es uns wich­tig ist, die­ses Thema nicht ein­sei­tig zu beleuch­ten, hat Frau Schreib­weis Exper­ten gesucht, die die unter­schied­li­chen Sicht­wei­sen erläu­tern und die ver­schie­de­nen Per­spek­ti­ven erklä­ren kön­nen. Dazu wur­den Julian-Chaim Sous­san (Rab­bi­ner der West­end­syn­agoge) und Khola Maryam Hübsch (Jour­na­lis­tin und Publi­zis­tin mit dem Schwer­punkt Islam und und anti­muss­li­mi­scher Ras­sis­mus, Mit­glied der isla­mi­schen Ahma­di­yya-Gemeinde) in unsere Schule eingeladen.

Am Diens­tag, den 19.12.2023 ist der Rab­bi­ner Julian-Chaim Sous­san zu Gast bei uns in der Aula gewe­sen. Zum Ein­stieg in die The­ma­tik wählte Herr Sous­san seine per­sön­li­che Ver­knüp­fung damit. Dabei war ihm wich­tig, dass er in Deutsch­land gebo­ren wurde und daher kein israe­li­scher Staats­bür­ger ist, da viele Men­schen Juden und israe­li­sche Staats­bür­ger gleich­set­zen wür­den. Hierzu folgte eine kleine Anek­dote, denn am Tele­fon sei ihm schon ein­mal gedroht wor­den, wenn er die Lage in Israel nicht ändere, wür­den in Frank­furt Anschläge fol­gen. Wor­auf­hin er die ein­gangs genannte Unter­schei­dung erneut auf­griff und den Wech­sel in die Lebens­wirk­lich­keit der Schüler*innen in Frank­furt schaffte.  Anschlie­ßend nahm das Thema des gegen­sei­ti­gen Has­ses, der auch reli­giös begrün­det ist, einen gro­ßen Raum ein. Er sagte, die Men­schen dürf­ten sich nicht gegen­sei­tig has­sen, da wir alle von “Adam und Eva” abstam­men wür­den und somit kein Unter­schied in der Abstam­mung vor­liege. Er ist eben­falls dar­auf ein­ge­gan­gen, dass ein jüdi­scher Pro­phet im 9. Jahr­hun­dert einem Sul­tan geschrie­ben habe “unser gemein­sa­mer Gott”, es folg­lich eine Zeit gab, in der die unter­schied­li­chen Reli­gio­nen eine gemein­same und ver­bin­dende Grund­lage hat­ten. Wei­ter führte er an, dass der Unter­schied zwi­schen rich­tig und falsch für alle Men­schen gleich sei, aber der Unter­schied zwi­schen gut und böse eine per­sön­li­che Mei­nung dar­stelle; der Über­fall der Hamas am 07.10.2023 sei aber in allen Fäl­len falsch gewe­sen. An die­ser Stelle folgte die Über­lei­tung zum Nah­ost­kon­flikt und seine Aus­füh­run­gen zu dem Über­fall der Hamas am 07.10.2023 und des dar­aus resul­tie­ren­den  Angriff Isra­els auf den Gaza­strei­fen. Ihm zufolge han­dele es sich hier­bei nicht um einen Krieg zwi­schen den Reli­gio­nen, son­dern viel­mehr um Land und Macht. Wir Schüler*innen hat­ten im Anschluss an sei­nen kur­zen Vor­trag die Mög­lich­keit, Fra­gen zu stel­len, die Rab­bi­ner Sous­san sehr aus­führ­lich und mit viel Geduld beantwortete. 

Dabei wurde auch auf die pro-paläs­ti­nen­si­schen Demons­tra­tio­nen ein­ge­gan­gen, was er davon halte und wie er zu den juden­feind­li­chen Sprü­chen stehe, die er stark kritisierte.

Am Don­ners­tag, den 21.12.2023 war die Jour­na­lis­tin und Publi­zis­tin Khola Maryam Hübsch bei uns in der Aula zu Gast. Um eine Ein­füh­rung in die aktu­elle Lage im Nahen Osten zu geben und um Lücken zu schlie­ßen, sowie um alle auf den glei­chen Stand zu brin­gen, hielt sie eine kleine Prä­sen­ta­tion über den Krieg. Dabei refe­rierte sie über die Ent­ste­hung von Israel und sein Ver­hält­nis zu den umlie­gen­den Staa­ten. Sie berich­tete von den Strei­te­reien um die Macht­ver­tei­lung in Jeru­sa­lem und über die israe­li­schen Sied­lun­gen im West­jor­dan­land. Dabei ging sie auch auf die Hamas ein und klärte über die unter­schied­li­chen „Rechts­la­gen“ der Grenze auf. Ihr war es wich­tig, die Men­schen im Blick zu behal­ten, die momen­tan im Gaza­strei­fen leben und nannte in die­sem Zusam­men­hang den Begriff des  „größ­ten Frei­raum-Gefäng­nis­ses der Welt”. Dabei machte sie auch dar­auf auf­merk­sam, dass einige Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen das Han­deln Isra­els als kriegs­ver­bre­che­risch bezeich­nen wür­den. Nach­dem Frau Hübsch Prä­sen­ta­tion been­det hatte, machte sie, eben­falls wie zuvor Herr Sous­san, deut­lich, dass es sich hier­bei um einen Krieg um Land han­dele und die­ser nicht auf­grund der Reli­gio­nen geführt werde, wovon ober­fläch­lich betrach­tet aus­ge­gan­gen werde. 

Auch hier hatte wir Schüler*innen noch genü­gend Zeit, um unsere Fra­gen zu stel­len. Dabei wurde sehr häu­fig die Frage gestellt, wieso uns in Deutsch­land der Krieg über­haupt etwas angehe. Dar­auf ant­wor­tete Frau Hübsch: „Es geht bei dem Nah­ost­kon­flikt um die ganze Welt, da viele Län­der davon betrof­fen sind und wir den betrof­fe­nen Län­dern hel­fen müs­sen und diese auch unter­stüt­zen müs­sen”. Außer­dem könnte sich der Krieg durch Bünd­nisse der umlie­gen­den Län­der schnell auf die ganze Welt aus­brei­ten, wes­halb eine fried­li­che Lösung so wich­tig sei. Auch in Deutsch­land seien sowohl jüdi­sche als auch mus­li­mi­sche Mitbürger*innen von Anfein­dun­gen betroffen. 

Inter­es­sant war auch die Frage, wie Frau Hübsch han­deln würde, wenn sie ent­schei­den könne, wel­che Schritte fol­gen soll­ten. Dabei sagte sie: „Ich würde einen sofor­ti­gen Waf­fen­still­stand aus­ru­fen, um alle betrof­fe­nen Men­schen in Sicher­heit zu brin­gen. Danach würde ich die Frie­dens­ver­hand­lun­gen auf­neh­men, damit es den Men­schen an ers­ter Stelle bes­ser geht. Ich möchte die Zivil­be­völ­ke­rung schüt­zen und ihre Lebens­um­stände ver­bes­sern. Das ist aktu­ell das Wich­tigste für mich.”

Die bei­den Ver­an­stal­tun­gen waren sehr infor­ma­tiv und span­nend. Sie haben der Mit­tel­stufe (Klasse 7–9) sehr gehol­fen, die ver­schie­de­nen Sicht­wei­sen ken­nen­zu­ler­nen und nach­zu­voll­zie­hen. Wir haben uns sehr gefreut, dass unsere bei­den Gäste sich die Zeit genom­men haben, um uns auf­zu­klä­ren und um all unsere Fra­gen zu beantworten.

von Lilly Soy­ka­ner und Hanna Tiedt 9a