Anlässlich der Pogromnacht von 1938, welche sich zum 80. Mal jährte, hielt der Historiker Markus Roth am 9. November 2018 in der Aula einen Vortrag (“Ein Massaker ist geplant” — Konrad Heiden und die Novemberpogrome von 1938) zu unserem ehemaligen Schüler Konrad Heiden, der 1919 sein Abitur am Lessing-Gymnasium absolvierte. Roth ist stellvertretender Leiter der Arbeitsstelle Holocaustliteratur an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Er hat die von Konrad Heiden im Exil verfasste erste Darstellung der Geschehnisse des Novembers 1938 (Eine Nacht im November 1938) 2013 herausgegeben und kommentiert.
Im ersten Teil der Rede ging Markus Roth auf die Wahrnehmung des 9. Novembers im Ausland ein. Er hob hervor, dass man auch im Ausland alles wusste, es aber nur wenig Bereitschaft gab, jüdische Flüchtlinge aufzunehmen. Es habe zwar weltweit auch Demonstrationen gegen das Vorgehen der Nationalsozialisten gegeben, aber auf politischer Ebene seien die Regierungen zurückhaltend geblieben und wollten wie im Falle Frankreichs den Konflikt mit Hitler-Deutschland vermeiden.
Im zweiten Teil der Rede stellte er den Bericht Konrad Heidens vom Januar 1939 in den Mittelpunkt. Dieser habe wie auch manch andere Zeitgenossen erkannt, dass es sich bei dem Novemberpogrom um einen Wendepunkt handelte. Markus Roth ging insbesondere ausführlich auf die Passagen in Heidens Schrift ein, in denen dieser in fast schon prophetischer Sprache darauf hinweist, dass ein Massenmord zur Vernichtung der (deutschen) Juden geplant sei. Heiden bezog sich auf Artikel der SS aus dem Jahr 1939, aber auch auf Ausführungen Hitlers in „Mein Kampf“, die dies ankündigen würden.
Nach dem Vortrag kam es zu einem engagierten Gespräch mit den Oberstufenschülern mit Nachfragen zu Konrad Heiden, beispielsweise zu seiner positive Einschätzung der deutschen Bevölkerung, die seiner Ansicht nach mehrheitlich die Novemberpogrome ablehnte, oder zu den Möglichkeiten der Informationsbeschaffung im Exil. Auch wurden dem Referenten mehrere Fragen mit aktuellen Bezug gestellte wurden, wie die Frage nach der Bekämpfung rechtsextremer Einstellungen.
Insgesamt boten Vortrag und Gespräch den Schülern die Möglichkeit einer vertieften Auseinandersetzung mit Ereignissen, die nicht nur Geschichte sind, sondern vielfach in die Gegenwart hineinreichen. Zum Abschluss seines Vortrages hatte Markus Roth darauf hingewiesen, dass Konrad Heiden sich als wacher zeitkritischer Beobachter ausgewiesen habe und insbesondere in dieser Hinsicht auch von bleibender Aktualität sei.