Ein Bericht von A. Worm
Tag 1: Frankfurt School of Finance
Als ich um 15:00 die Frankfurt School of Finance betrete, bin ich ein wenig nervös, freue mich aber auch auf die folgenden Tage. „MUN“- das steht für „Model United Nations“, eine Organisation, die es überall auf der Welt gibt, um die Vereinten Nationen zu simulieren und somit zahlreichen Jugendlichen einen Einblick in die Welt der internationalen Diplomatie zu geben. Das Thema der diesjährigen Konferenz: „The Rights of People- Fighting for the Dignity of All in a Globalized World“. Während der viertägigen Konferenz beschäftigen sich dabei verschiedene Komitees mit spezialisierten Themenbereichen, debattiert wird dabei selbstverständlich auf Englisch. Gleich zu Beginn bekomme ich meine badge: „Ana Worm Hortelano; ECOSOC-Economic and Social Council; Delegate“ steht drauf. Mein Komitee wird sich demnach mit dem Zugang zu höherer Bildung für Frauen und Ernährungssicherheit & Gesundheitsversorgung in Schwellenländern auseinandersetzen. Doch dies alles liegt noch vor mir: bei der Eröffnungsfeier ist meine einzige Aufgabe, den zahlreichen Gastrednern meine volle Konzentration zu widmen. Alle Reden haben eines gemeinsam: Die Botschaft, dass es die Aufgabe unserer Generation sei, sich mit den Problemen unserer Welt auseinanderzusetzen, und der Appell, die „Millenium Development Goals“ nicht aus den Augen zu verlieren.
Tag 2: Europäische Schule Rhein Main, Bad Vilbel
Nachdem die Odyssee bestehend aus dem weiten Schulweg überstanden ist, steht nun die erste Debatte im ECOSOC an. Jeder Delegierte sollte dabei eine Eröffnungsrede vorbereitet haben, in der er die wichtigsten Anliegen und die Position seines Landes skizziert. Meine Mission als Delegierte des Vereinigten Königreichs ist klar: Dafür zu kämpfen, dass Frauen überall auf der Welt einen besseren Zugang zu Bildung haben, und LEDCs (Less economically developed countries) bei der Gewährleistung der Ernährungssicherheit zu unterstützen. Ach ja, und dabei so wenig wie möglich über den Brexit oder die katastrophale Lage der NHS ausgefragt zu werden. Zu Beginn verläuft die Debatte ein wenig zäh: für die meisten Delegierten handelt es sich um die erste Konferenz, weswegen wir uns zunächst an die ganzen Formalitäten gewöhnen müssen. Während der „Lobbying Time“ ist es unsere Aufgabe, Partner zu finden, um eine Resolution einzureichen. Mit der Delegation aus den USA, Schweden und Deutschland mache ich mich also an die Arbeit. Im Nachhinein beginnen wir schließlich, über Resolutionen zu debattieren. Dies bedeutet Reden für eine Resolution, vorgeschlagene Amendments (Änderungen bzw. Ergänzungen), Reden für/gegen die Amendments und Reden gegen eine Resolution. Am ersten Tag verabschiedet ECOSOC somit zwei Resolutionen.
Tag 3: Europäische Schule Rhein Main, Bad Vilbel
In der zweiten Sitzung des ECOSOC geht es schon deutlich lebhafter zu. „Point of information“, „Point of personal privilege“, „Motion to divide the house“, „Motion to move into Q&A session“, „Motion to move into voting procedure”, „Request to follow up“- die Basics hat mittlerweile jeder drauf. Nun muss ich meine Resolution (siehe Anhang) vorstellen; dabei treffe ich auf viel Unterstützung europäischer Länder aber auch auf Protest von Saudi Arabien und Syrien: „Bildung für Frauen? Eine Frauenquote von mindestens 33,3% für Universitäten?! Nein, nein, Frauen sollten zu Hause bleiben und ihr „blessing“ nicht missbrauchen.“ Als ich schließlich frage, wieso die Delegation aus Saudi Arabien denn ausgerechnet eine Frau geschickt hat, hat sich das Thema dann erledigt. Meine Resolution wird verabschiedet. Eine höchst fragwürdige Resolution wird dann von Nord Korea vorgestellt: sie hätten angeblich eine Maschine erfunden, die Abfall in Essen umwandelt, auf diese Weise könne Hunger und Leiden weltweit verhindert werden. Im Gegenzug für diese wertvolle Technologie sollten aber alle Sanktionen gegen Nord Korea aufgehoben werden. Auf die Frage, ob denn auch neutrale Wissenschaftler die Effizienz und Existenz dieser wunderbaren Maschine bestätigen könnten, reagiert die Delegation aus Nord Korea sehr verletzt: ob man denn nicht dem Wort ihres wunderbaren Führers allein vertraue. Der Verhaspler des Delegierten aus den USA, der Nord Korea ausversehen als „Domestic People’s Republic of Korea“ anspricht, führt dann fast zum Dritten Weltkrieg.
Tag 4: Frankfurt School of Finance
Am Samstagmorgen um 9:00 treffen wir alle mit ein wenig Schlafmangel wieder in der Frankfurt School of Finance zusammen. Am letzten Tag steht die Debatte in der „General Assembly“ an. Dabei werden Resolutionen der verschiedenen Komitees vorgestellt, debattiert, verabschiedet oder abgelehnt. Dabei erfahre ich auch, dass ich meine Resolution vorstellen und eine Rede halten soll. Trotz der kurzfristigen Mitteilung läuft alles gut und meine Resolution wird endgültig verabschiedet. Besonders interessant finde ich es dabei auch, die Themen kennenzulernen, mit denen sich die anderen Komitees auseinandergesetzt haben, beispielsweise Menschenhandel, illegale Migration, Korruption, Abrüstung etc. Abschließend werden noch die „Best Delegate Awards“ verliehen, über den ich mich besonders freue, da MUNESRM meine erste Konferenz war. Ein paar abschließende Reden und ein „Recap Video“ bezeugen: MUNESRM war ein voller Erfolg. Neue Bekanntschaften, neues Selbstbewusstsein, aber vor allem: die Bestätigung, dass unsere Generation die Probleme nicht außer Augen lassen darf.