Am Mitt­woch, den 07.06.2023, war der evan­ge­li­sche Theo­loge Prof. Dr. Alkier zu Besuch am Les­sing Gym­na­sium, um für die Evan­ge­lisch- und Katho­lisch­kurse der Q2 einen Vor­trag zu hal­ten. Thema war die Theo­di­ze­efrage, wel­che die Güte und All­macht Got­tes im Hin­blick auf das mensch­li­che Leid hinterfragt.

Alkier begann sei­nen Vor­trag mit einer kur­zen Erläu­te­rung dar­über, dass die Theo­di­ze­efrage beson­ders in mono­the­is­ti­schen Reli­gio­nen gestellt wird. Dort könne man die Frage nach der Gerechtigkeit/ dem Grund für Schlech­tes an jemand spe­zi­el­len, also an einen Gott, richten.

Anschlie­ßend führte Alkier an, dass man sich bei allen christ­li­chen Fra­gen, bei denen man sich auf etwas Beleg­ba­res bezie­hen will, auf die Bibel beziehe. Er selbst ver­weist betref­fend der Anzweif­lung der Güte Got­tes auf die allen bekannte Para­dies­ge­schichte. Gott selbst sei in der Bibel der erste Gewalt­tä­ter, denn er wirft Eva und Adam aus dem Para­dies, nach­dem diese den Feh­ler began­gen haben, vom Baum der Erkennt­nis zu essen.

Als nächs­tes geht Alkier auf die Haupt­ei­gen­schaft Got­tes ein. Krea­ti­vi­tät. Da der Mensch ein Eben­bild Got­tes ist, wird diese dem Men­schen bei der Schöp­fung ver­lie­hen. Das Eben­bild Got­tes zu sein, bezeich­net Alkier als “Ver­ant­wor­tung des Men­schen”, die uns jedoch nicht in unse­rem Han­deln ein­schrän­ken solle. Ganz im Gegen­teil, er appel­liert, Dinge ein­fach mal aus­zu­pro­bie­ren, da wir durch Gott zu Vie­lem im Stande seien.

Ein Grund, wes­we­gen es die Theo­di­ze­efrage gibt, ist die Unge­rech­tig­keit, die über­all in der Gesell­schaft zu fin­den ist. Schon Jesus stellte sich die Theo­di­ze­efrage, als er am Kreuz hing. Er rief: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich ver­las­sen?”. Als aktu­el­les Bei­spiel für Unge­rech­tig­keit erzählt Alkier von der Stadt Gel­sen­kir­chen, in der eine Armuts­rate von 50 % herrscht und auf­grund von Leh­rer­man­gel in den Schu­len weni­ger Unter­richt statt­fin­den kann als z.B. bei uns am Lessing.

Durch den Begriff der Theo­di­ze­efrage mer­ken Betrof­fene, dass sie mit ihrem Elend nicht alleine sind und die dadurch ent­stan­de­nen Zwei­fel auch offen äußern dür­fen. Alkier erklärt, dass es im Chris­ten­tum erlaubt sei, Gott Vor­würfe zu machen und mit ihm ins Gespräch zu treten.

Zum Schluss geht er noch­mal auf die Beant­wor­tung der Theo­di­ze­efrage ein. Dazu erläu­tert Alkier, dass man die Schuld für von Men­schen gemach­tes Leid, wie z.B. den Kli­ma­wan­del, nicht auf Gott schie­ben dürfe. Die Schuld am Kli­ma­wan­del trü­gen die Men­schen alleine. Man müsse also gleich­zei­tig mit der Theo­di­ze­efrage auch die Anthro­po­di­ze­efrage stel­len, also die Frage nach der Recht­fer­ti­gung des Men­schen im Hin­blick auf von Men­schen gemach­tes Leid. Der Mensch sei zwar ein Eben­bild, aber keine Mario­nette von Gott, und Gott habe kei­nen Ein­fluss auf das Han­deln des Menschen.

Damit endete der Vor­trag und nun gab es noch die Mög­lich­keit, an Herrn Alkier Fra­gen — zur Theo­di­ze­efrage oder zu ande­ren theo­lo­gi­schen The­men — zu stellen.

Ganz all­ge­mein war das Feed­back zum Vor­trag sehr gut, er wurde z.B. als “zeit­ge­nös­sisch”, “aktu­ell” und “anspre­chend” beschrie­ben. Pro­fes­sor Alkier nutzte für seine Argu­mente eine Mischung aus aktu­el­len, das Publi­kum anspre­chen­den Bezü­gen und Ver­glei­chen, per­sön­li­chen Erfah­run­gen und sach­li­chen Argu­men­ten wie Bibel­ge­schich­ten oder Psal­men. Dadurch wirkte der Vor­trag abwechs­lungs­reich und leben­dig und die Argu­mente über­zeu­gend. Kri­ti­siert wurde, dass die Fra­ge­runde nach dem Vor­trag aus Zeit­grün­den nur sehr kurz war. Durch den aus­führ­li­chen Vor­trag erga­ben sich viele Fra­gen zu Alkiers per­sön­li­cher Mei­nung betref­fend ver­schie­de­ner ethi­scher The­men und zu im Vor­trag ange­schnit­te­nen Aspek­ten, die lei­der nur teil­weise gestellt wer­den konn­ten. An man­chen Stel­len des Vor­trags sowie bei der Beant­wor­tung der Fra­gen äußerte Alkier klar seine poli­ti­sche Mei­nung, was man­che Schüler*innen für den Rah­men einer Schul­ver­an­stal­tung unpas­send fanden.

Eine ein­deu­tige Ant­wort auf die Theo­di­ze­efrage hat Alkier nicht gege­ben. Jedoch gab dies einem die Mög­lich­keit, sich eine eigene Ant­wort mit­hilfe der Denk­an­stöße aus dem Vor­trag zu bilden.

Katha­rina M.-S.